| Zweite Szene |
| Wilde Einöde mit Felsen – Gernot kommt von der einen, Morald und Gunther von der anderen Seite |
Gernot | Was seh ich? Morald, ihr, und Gunther, du?
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Morald | Wie, Gernot?
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Gunther | O komm in meine Arme!
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Gernot | Was Teufel, sagt, wie kommt ihr doch hierher?
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Gunther | Erzähle du, wie dir’s ergangen ist.
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Morald | Ja, Gernot, melde eilig mir, |
| wo ist dein Herr, wo Arindal? |
| Von unsrer Heimat komm ich her, |
| wo alles traurig ich gelassen. |
| Der greise König starb dahin |
| aus Gram um den verschwund’nen Sohn. |
| Der wilde Murold, unser Feind, |
| verwüstet fürchterlich das Reich, |
| begehrt die Schwester Arindals, |
| die heissgeliebte teure Lora! |
| Das einz’ge Mittel ist geblieben: |
| Ihn, der jetzt König ist, zu suchen, |
| und dazu bot Groma uns die Hand, |
| er, der seit alten Zeiten her |
| Beschützer ist des Königstamms; |
| er lehrt uns, Arindal zu finden. – |
| Doch sage du, was ist geschehn?
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Gunther | Erzähle, Freund, erzähle uns!
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Gernot | Nun denn, so hört mir beide zu! |
| Ihr wisst, schon ist’s acht Jahre her, |
| daß ich mit Arindal verschwand. |
| Zum Jagen zogen wir hinaus, |
| und schon begann die Nacht zu dämmern, |
| als eine Hirschin sich uns zeigte, |
| so schön, als nimmer man gesehn. |
| Der jagte Arindal nun nach |
| mit unermüdlichem Bestreben, |
| und als er nimmer sie erreichte, |
| gelangten wir an einen Fluss, |
| in dem die Hirschin uns entschwand. |
| Verzweiflungsvoll stand Arindal, |
| bis eine Stimme wir vernahmen, |
| die mit entzückend holdem Klang |
| den König mächtig nach sich zog. |
| Da sprang er plötzlich in die Fluten, |
| und ich, als treuer Diener, nach.
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Gunther | Unglaublich!
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Morald | Fahrt fort, mein Freund!
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Gernot | Vor Schrecken wär ich fast gestorben; |
| doch als ich endlich mich gefasst, |
| war ich in einem schönen Schloss, |
| und Arindal lag hingegossen |
| zu eines schönen Weibes Füssen. |
| Sie sprach zu ihm hinabgewandt: |
| «Ich liebe dich, wie du mich liebst, |
| doch eh ich ganz dein Eigen bin, |
| hast du noch viel zu überstehn. |
| Vor allem magst acht Jahre lang |
| du nimmer fragen, wer ich sei!» – |
| Trotz meinem grössten Widerstreben |
| ging Arindal das Bündnis ein! – |
| Wer sie getraut, ich weiss es nicht, |
| doch schon zwei Kinder zeugten sie. |
| Acht Jahre flossen so dahin, |
| und ob ich schon nach Haus mich sehnte, |
| lebt ich in Freud und Herrlichkeit, |
| bis gestern der verliebte Prinz, |
| von heftiger Begier getrieben, |
| in seine Gattin drang, zu sagen |
| wer und woher sie sei. |
| Da hörten plötzlich Donner wir erschallen: |
| verschwunden war sie, und mit ihr |
| das Schloss und ihre Dienerinnen. |
| In diese öde Felsengegend |
| sind wir versetzt, und Arindal |
| sucht in Verzweiflung seine Gattin.
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Gunther | O Wunder über alle Wunder!
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Gernot | Doch, saget endlich denn auch mir: |
| lebt meine liebe Drolla noch?
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Gunther | Sie lebt und weinet oft um dich!
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Morald | Und daß du bald sie wiedersiehst,
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| muss Arindal mit dir uns folgen! |
Gernot | O seht, dort naht er schon! |
| Wie ein Besess’ner sieht er aus!
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Morald | So eilen wir von hier hinweg, |
| und du, verschweig ihm unsre Gegenwart! |
| indem er mit Gernot und Gunther abgeht... |
| Denn wisse: Groma lehrte uns |
| wie wir von hier hinweg – |
| die letzten Worte hinter der Bühne... – Arindal kommt |