Zweiter Aufzug | |||||||||||||||||||
Vorspiel und Erste Szene | |||||||||||||||||||
Uferraum – vor der Halle der Gibichungen: rechts der offene Eingang zur Halle; links das Rheinufer; von diesem aus erhebt sich eine durch verschiedene Bergpfade gespaltene, felsige Anhöhe quer über die Bühne, nach rechts dem Hintergrunde zu aufsteigend. Dort sieht man einen der Fricka errichteten Weihstein, welchem höher hinauf ein größerer für Wotan, sowie seitwärts ein gleicher dem Donner geweihter entspricht. Es ist Nacht. | 51 | 25 | 99 | Nibelungenhass Hagen Wehe | |||||||||||||||
Hagen, den Speer im Arm, den Schild zur Seite, sitzt schlafend an einen Pfosten der Halle gelehnt. Der Mond wirft plötzlich ein grelles Licht auf ihn und seine nächste Umgebung; man gewahrt Alberich vor Hagen kauernd, die Arme auf dessen Knie gelehnt | 59 | Ring | |||||||||||||||||
Alberich | leise | ||||||||||||||||||
Schläfst du, Hagen, mein Sohn? | 51 | Nibelungenhass | |||||||||||||||||
Du schläfst und hörst mich nicht, | 51 | ||||||||||||||||||
den Ruh’ und Schlaf verriet? | 51 | ||||||||||||||||||
Hagen | leise, ohne sich zu rühren, so daß er immerfort zu schlafen scheint, obwohl er die Augen offen hat | ||||||||||||||||||
Ich höre dich, schlimmer Albe: | |||||||||||||||||||
was hast du meinem Schlaf zu sagen? | |||||||||||||||||||
Alberich | Gemahnt sei der Macht, | 59 | Ring | ||||||||||||||||
der du gebietest, | 59 | ||||||||||||||||||
bist du so mutig, | 59 | ||||||||||||||||||
wie die Mutter dich mir gebar! | 6 | Entsagung | |||||||||||||||||
Hagen | immer wie zuvor | ||||||||||||||||||
Gab mir die Mutter Mut, | 51 | Nibelungenhass | |||||||||||||||||
nicht mag ich ihr doch danken, | 51 | ||||||||||||||||||
daß deiner List sie erlag: | 51 | ||||||||||||||||||
frühalt, fahl und bleich, | |||||||||||||||||||
hass’ ich die Frohen, freue mich nie! | 6 | Entsagung | |||||||||||||||||
Alberich | wie zuvor | ||||||||||||||||||
Hagen, mein Sohn! Hasse die Frohen! | 51 | Nibelungenhass | |||||||||||||||||
Mich Lustfreien, Leidbelasteten | |||||||||||||||||||
liebst du so, wie du sollst! | |||||||||||||||||||
Bist du kräftig, kühn und klug: | 51 | Nibelungenhass | |||||||||||||||||
die wir bekämpfen mit nächtigem Krieg, | 51 | ||||||||||||||||||
schon gibt ihnen Not unser Neid. | 51 | ||||||||||||||||||
Der einst den Ring mir entriß, | 51 | 59 | Ring | ||||||||||||||||
Wotan, der wütende Räuber, | 51 | ||||||||||||||||||
vom eignen Geschlechte ward er geschlagen: | 51 | ||||||||||||||||||
an den Wälsung verlor er Macht und Gewalt; | 65 | Schwert | |||||||||||||||||
mit der Götter ganzer Sippe | 90 | Walhall | |||||||||||||||||
in Angst ersieht er sein Ende. | |||||||||||||||||||
Nicht ihn fürcht’ ich mehr: | 51 | Nibelungenhass | |||||||||||||||||
fallen muß er mit allen! – | 51 | ||||||||||||||||||
Schläfst du, Hagen, mein Sohn? | 51 | ||||||||||||||||||
Hagen | bleibt unverändert wie zuvor | 51 | |||||||||||||||||
Der Ewigen Macht, wer erbte sie? | 51 | ||||||||||||||||||
Alberich | Ich – und du! Wir erben die Welt. | 47 | Mord | ||||||||||||||||
Trüg’ ich mich nicht in deiner Treu’, | 47 | ||||||||||||||||||
teilst du meinen Gram und Grimm. | 47 | ||||||||||||||||||
Wotans Speer zerspellte der Wälsung, | 65 | 83 | Schwert Vertrag Fafner | ||||||||||||||||
der Fafner, den Wurm, im Kampfe gefällt | 11 | ||||||||||||||||||
und kindisch den Reif sich errang. | 59 | Ring | |||||||||||||||||
Jede Gewalt hat er gewonnen; | 59 | ||||||||||||||||||
Walhall und Nibelheim neigen sich ihm. | 59 | ||||||||||||||||||
immer heimlich | 59 | ||||||||||||||||||
An dem furchtlosen Helden | 59 | ||||||||||||||||||
erlahmt selbst mein Fluch: | 59 | ||||||||||||||||||
denn nicht kennt er des Ringes Wert, | 59 | ||||||||||||||||||
zu nichts nützt er die neidlichste Macht. | 59 | ||||||||||||||||||
Lachend in liebender Brunst, | 29 | Horn | |||||||||||||||||
brennt er lebend dahin. | 29 | ||||||||||||||||||
Ihn zu verderben, taugt uns nun einzig! | 25 | Hagen | |||||||||||||||||
Schläfst du, Hagen, mein Sohn? | 51 | 6 | Nibelungenhass Entsagung | ||||||||||||||||
Hagen | wie zuvor | 51 | |||||||||||||||||
Zu seinem Verderben dient er mir schon. | 51 | 25 | Hagen | ||||||||||||||||
Alberich | Den goldnen Ring, | 47 | Mord | ||||||||||||||||
den Reif gilt’s zu erringen! | 47 | ||||||||||||||||||
Ein weises Weib lebt dem Wälsung zulieb’: | 5 | 95 | Brünnhilde Wälsungenliebe Nibelungenhass | ||||||||||||||||
riet es ihm je des Rheines Töchtern, | 51 | 56 | |||||||||||||||||
die in Wassers Tiefen einst mich betört, | 51 | 56 | Rheintöchter | ||||||||||||||||
zurückzugeben den Ring, | 51 | 59 | Ring | ||||||||||||||||
verloren ging’ mir das Gold, | 59 | ||||||||||||||||||
keine List erlangte es je. | 59 | ||||||||||||||||||
Drum, ohne Zögern ziel’ auf den Reif! | 47 | Mord | |||||||||||||||||
Dich Zaglosen zeugt’ ich mir ja, | 51 | Nibelungenhass | |||||||||||||||||
daß wider Helden hart du mir hieltest. | 51 | ||||||||||||||||||
Zwar stark nicht genug, den Wurm zu bestehn, | 51 | 11 | Fafner | ||||||||||||||||
– was allein dem Wälsung bestimmt – | 51 | 11 | 65 | Schwert | |||||||||||||||
zu zähem Haß doch erzog ich Hagen, | 47 | Mord | |||||||||||||||||
der soll mich nun rächen, | 47 | ||||||||||||||||||
den Ring gewinnen | |||||||||||||||||||
dem Wälsung und Wotan zum Hohn! | |||||||||||||||||||
Schwörst du mir’s, Hagen, mein Sohn? | 90 | Walhall | |||||||||||||||||
Von hier an bedeckt ein immer finsterer werdender Schatten wieder Alberich. Zugleich beginnt das erste Tagesgrauen | |||||||||||||||||||
Hagen | immer wie zuvor | ||||||||||||||||||
Den Ring soll ich haben: | 51 | Nibelungenhass | |||||||||||||||||
harre in Ruh’! | 51 | ||||||||||||||||||
Alberich | Schwörst du mir’s, Hagen, mein Held? | 51 | |||||||||||||||||
Hagen | Mir selbst schwör’ ich’s; | 51 | |||||||||||||||||
schweige die Sorge! | 51 | 13 | Fluch | ||||||||||||||||
Alberich | wie er allmählich immer mehr dem Blicke entschwindet, wird auch seine Stimme immer unvernehmbarer | 51 | 13 | ||||||||||||||||
Sei treu, Hagen, mein Sohn! | 51 | 13 | |||||||||||||||||
Trauter Helde! – Sei treu! | 51 | 13 | |||||||||||||||||
Sei treu! – Treu! | 51 | 99 | Wehe | ||||||||||||||||
Alberich ist gänzlich verschwunden. Hagen, der unverändert in seiner Stellung verblieben, blickt regungslos und starren Auges nach dem Rheine hin, auf welchem sich die Morgendämmerung ausbreitet |