| Dritte Szene |
| Nr. 3. Szene, Duett, Chor |
| Daland erscheint auf dem Verdeck seines Schiffes und erblickt das Schiff des Holländers. |
Daland | He! Holla! Steuermann!
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Steuermann | schalftrunken |
| ’s ist nichts! ’s ist nichts! |
| Ach, lieber Südwind, blas’ noch mehr, |
| mein Mädel…
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Daland | Du siehst nichts? |
| Gelt, du wachest brav, mein Bursch! |
| Dort liegt ein Schiff… |
| wie lange schliefst du schon?
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Steuermann | Zum Teufel auch! |
| Verzeiht mir, Kapitän! |
| Er setzt hastig das Sprachrohr an und ruft der Mannschaft des Holländers zu |
| Wer da? Wer da?
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Daland | Es scheint, sie sind gerad’ so faul als wir.
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Steuermann | Gebt Anwort! Schiff und Flagge?
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Daland | Laß ab! Mich dünkt, ich seh’ den Kapitän! |
| He! Holla! Seemann! |
| Nenne dich! Wess’ Landes?
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Holländer | Weit komm’ ich her; verwehrt bei Sturm und Wetter |
| ihr mir den Ankerplatz?
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Daland | Behüt’ es Gott! |
| Gastfreundschaft kennt der Seemann – |
| Wer bist du?
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Holländer | Holländer.
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Daland | Gott zum Gruß! |
| So trieb auch doch der Sturm |
| an diesen nackten Felsenstrand? |
| Mi ging’s nicht besser: wenig Meilen nur |
| von hier ist meine Heimat; fast erreicht, |
| mußt’ ich aufs neu mich von ihr wenden. |
| Sag’, woher kommst du? |
| Hast Schaden du genommen?
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Holländer | Mein Schiff ist fest, |
| es leidet keinen Schaden. |
| Durch Sturm und bösen Wind verschlagen, |
| irr’ auf den Wassern ich umher – |
| wie lange, weiß ich kaum zu sagen; |
| Schon zähl’ ich nicht die Jahre mehr. |
| Unmöglich dünkt mich’, daß ich nenne |
| die Länder alle, die ich fand: |
| das eine nur, nach dem ich brenne, |
| ich find’ es nicht, mein Heimatland! |
| Vergönne mir auf kurze Frist dein Haus, |
| und deine Freundschaft soll dich nicht gereu’n. |
| Mit Schätzen aller Gegenden und Zonen |
| ist reich mein Schiff beladen, willst du handeln, |
| so sollst du sicher deines Vorteils sein.
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Daland | Wie wunderbar! Soll deinem Wort ich glauben? |
| Ein Unstern, scheint’s, hat dich bis jetzt verfolgt. |
| Um dir zu frommen, biet’ ich, was ich kann: |
| doch darf ich fragen, was dein Schiff enthält?
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Holländer | Die seltensten der Schätze sollst du sehn, |
| kostbare Perlen, edelstes Gestein. |
| Er gibt seiner Mannschaft ein Zeichen, zwei von derselben bringen eine Kiste an Land. |
| Blick hin, und überzeuge dich vom Werte |
| des Preises, den ich für ein gastlich’ Dach dir biete.
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Daland | Wie? Ist’s möglich? Diese Schätze! |
| Wer ist so reich, den Preis dafür zu bieten?
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Holländer | Den Pries? Soeben hab’ ich ihn genannt; |
| dies für das Obdach einer einz’gen Nacht! |
| Doch, was du siehst, ist nur der kleinste Teil |
| von dem, was meines Schiffes Raum verschließt. |
| Was frommt der Schatz? Ich habe weder Weib |
| noch Kind, und meine Heimat find’ ich nie! |
| All’ meinen Reichtum biet’ ich dir, wenn bei |
| den Deinen du mir neue Heimat gibst.
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Daland | Was muß ich hören!
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Holländer | Hast du eine Tochter?
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Daland | Fürwahr, ein treues Kind.
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Holländer | Sie sei mein Weib!
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Daland | Wie? Hör ich recht? Mein Tochter sein Weib? |
| Er selbst spricht aus den Gedanken… |
| Fast fürcht’ ich, wenn unentschlossen ich bleib’, |
| er müßt im Vorsatze wanken. |
| Wüßt ich, ob ich wach’ oder träume? |
| Kann ein Eidam willkommener sein? |
| Ein Tor, wenn das Glück ich versäume! |
| Voll Entzücken schlage ich ein.
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Holländer | Ach, ohne Weib, ohne Kind bin ich, |
| nichts fesselt mich an die Erde. |
| Rastlos verfolgt das Schicksal mich. |
| die Qual nur war mir Gefährte. |
| Nie werd’ ich die Heimat erreichen: |
| zu was frommt mir der Güter Gewinn? |
| Läßt du zu dem Bund dich erweichen, |
| oh! so nimm meine Schätze dahin!
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Daland | Wohl, Fremding, hab’ ich eine schöne Tochter, |
| mit treuer Kindeslieb’ ergeben mir; |
| sie ist mein Stolz, das höchste meiner Güter, |
| mein Trost im Unglück, meine Freund’ im Glück.
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Holländer | Dem Vater stets bewahr’ sie ihre Liebe! |
| ihm treu, wird sie auch treu dem Gatten sein.
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Daland | Du gibst Juwelen, unschätzbare Perlen, |
| das höchste Kleinod doch, ein treues Weib…
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Holländer | Du gibst es mir?
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Daland | Ich gebe dir mein Wort. |
| Mich rührt dein Los; freigebig, wie du bist, |
| zeigst Edelmut und hohen Sinn du mir: |
| den Eidam wünscht ich so; und wäer’ dein Gut |
| auch nicht so reich, wählt ich doch keinen andren.
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Holländer | Hab’ Dank! Werd’ ich die Tochter heut’ noch sehn?
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Daland | Der nächste günst’ge Wind bringt uns nach Haus; |
| du sollst sie seh’n, und wenn sie dir gefällt…
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Holländer | So ist sie mein… |
| beiseite |
| Wird sie mein Engel sein? |
| Wenn aus der Qualen Schreckgewalten |
| die Sehnsucht nach dem Heil mich treibt, |
| ist mir’s erlaubt, mich festzuhalten |
| an einer Hoffnung, die mir bleibt? |
| Darf ich in jenem Wahn noch schmachten |
| daß sich ein Engel mir erweicht? |
| Der Qualen, die mein Haupt umnachten, |
| ersehntes Ziel hätt’ ich erreicht? |
| Ach! ohne Hoffnung, wie ich bin, |
| geb’ ich mich doch der Hoffnung hin!
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Daland | Gepriesen seid, gepriesen seid des Sturmes Gewalten, |
| die ihr an diesen Strand mich triebt! |
| Fürwahr, bloss hab’ ich festzuhalten |
| was sich so schön von selbst mir gibt. |
| Die ihn an diese Küste brachten, ihr Winde, |
| sellt gesegnet sein! |
| Ha, womach alle Väter trachten, |
| ein reicher Eidam, er ist mein! |
| Ja, dem Mann mit Gut und hohem Sinn |
| geb’ froh ich Haus und Tochter hin!
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Steuermann | Südwind! Südwind!
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Matrosen | Hallo ho!
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Steuermann | Ach, lieber Südwind, blas’ noch mehr!
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Matrosen | Halloho!…
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Daland | Du siehst, das Glück ist günstig dir. |
| Der Wind ist gut, die See in Ruh’. |
| Sogleich die Anker lichten wir |
| und segeln schnell der Heimat zu.
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Steuermann | Hoho!…
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Holländer | Darf ich dich bitten, so segelst du voran. |
| Der Wind ist frisch, doch meine Mannschaft müd’. |
| Ich gönn ’ihr kurze Ruh’ und folge dann.
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Daland | Doch, unser Wind?
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Holländer | Er bläst noch lang’ aus Süd! |
| Mein Schiff ist schnell, es holt dich sicher ein.
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Daland | Du glaubst? Wohlan, es möge denn so sein! |
| Leb’ wohl! Mögst heute du mein Kind noch sehn.
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Holländer | Gewiß!
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Daland | an Bord seines Schiffes gehend |
| Heil! Wie die Segel schon sich bläh’n! |
| Hallo! Hallo! |
| Frisch, Jungen, greifet an!
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Matrosen | Mit Gewitter und Sturm aus fernem Meer – |
| mein Mädel, bin dir nah’! Hurrah! |
| Hurrah! Über turmhohe Flut vom Süden her, |
| mein Mädel, ich bin da! Hurrah! |
| Mein Mädel, wenn nicht Südwind wär, |
| ich nimmer wohl käm’ zu dir; |
| Ach lieber Südwind, blas’ noch mehr. |
| Mein Mädel verlangt nach mir. |
| Hoho! Johoho… |