| Vierte Szene |
| Dorella ist abgeeilt. Luzio wirft sich wie rasend auf eine Bank. – Pontio kommt. |
Isabella | Vernimm, mein Freund, worum ich dich jetzt bitte: |
| Vor heute nacht wird Friedrich ein Patent, |
| das meinen Bruder Claudio betrifft, |
| hieher bestellen; verschweig es meinem Bruder, |
| such mich dann auf dem Korso auf und gib mir’s.
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Pontio | Verheimlichen? Das geht nicht!
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Isabella | wirft eine Börse zu |
| Warum nicht, Narr?
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Pontio | steckt die Börse ein |
| O ja, es geht!
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Isabella | Nun denn, beacht’ es wohl! |
| Signor, lebt wohl! – Ich seh’ euch diese Nacht! |
| Ab.
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Luzio | springt wie besessen auf |
| Heut nacht! – |
| Ja wohl, heut nacht! – |
| ’s wird lustig hergehen, ich kann mir’s denken! – |
| O Weiber, Weiber! Ich spielte erst mit euch, |
| wie spielt ihr jetzt mit mir! Fluch ihnen! |
| Er rennt in der Hast Pontio um, der ihm verwundert zugesehen hat. |
| Was ist das für ein Kerl?
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Pontio | sich aufrichtend |
| Seid ihr gescheit? Was ist das für ein Benehmen?
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Luzio | Zum Teufel, Pontio?! Wie kommst du hierher, |
| Kerl? Bist du ein Gefangener, oder was sonst?
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Pontio | Weder ein Gefangener, noch ein Sonst. |
| Seht mich recht an, ich bin ein Schließer!
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Luzio | Und dazu nahm man dich, |
| den verworfensten Spitzbuben in ganz Sizilien?
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Pontio | Wahrt eure Zunge! – |
| Sagt, was sollt’ ich tun? |
| Alle Wirtschaften sind aufgehoben, |
| alles wird ordentlich, mein Gewerbe ist dahin! |
| Was sollt’ ich anfangen? |
| Man braucht Sbirren, |
| man bietet mir die Aufnahme |
| in ihre noble Gesellschaft an, |
| ich werde sogar Schließer. |
| Luzio lacht bitter. |
| Was ist da zu lachen? |
| Ich bin sittsam geworden, |
| ich beschütze die Tugend |
| und wache über alle liederlichen Leute.
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Luzio | So ist es recht! Lumpengesindel braucht man, |
| um seine heuchlerischen Schurkereien auszuführen! |
| Laß mich zu Claudio!
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Pontio | Das geht nicht, Signor!
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Luzio | Da werde ich dich fragen! Ich muß ihn sprechen, |
| ich muß ihn beschwören, |
| eher sein Leben als seiner Schwester |
| Ehre zu opfern!
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Pontio | Laßt ihm doch das Leben und ihr die Ehre! |
| Mit einem Wort, es darf niemand zu ihm!
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Luzio | Der Schurke macht mich verrückt! |
| er packt ihn. |
| Willst du weichen, Halunke, |
| oder ich würge dich!
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Pontio | schreiend |
| Zu Hilfe! Zu Hilfe! Herbei! Herbei! |
| Es kommen mehrere Sbirren. |
| Arretiert dieses Ungeheuer! |
| Macht euch an ihn, |
| steckt ihn ein! Ins Loch! Ins Loch!
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Luzio | Die Frechheit dieses Kerles macht mich rasend! |
| Er prügelt ihn, die Sbirren fallen über Luzio her; er wehrt sich eine Zeitlang, schlägt sich durch, tritt Pontio nieder und entspringt über die Mauer.
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Pontio | indem ihm die Sbirren aufhelfen und ihn forttragen |
| Jedes Amt hat seine Mühseligkeiten, |
| das merke ich nun wohl! |
| Ich glaubte jetzt nur Prügel austeilen zu dürfen, – |
| statt dessen bekomme ich sie noch, nach wie vor! – |
| O schlimmes Amt! |
| Alle ab. |