Liebesverbot 2. Aufzug 5. Szene

Fünfte Szene
Ein Zimmer in Friedrichs Palast. – Friedrich allein.
FriedrichSo spät, und noch kein Brief von Isabella?
Verlang’ ich nicht danach, wie nach dem Heil Der Seele?
Was hat ein Weib aus dir gemacht!
Armseliger, wohin ist das System,
das du so wohl geordnet, hingeflohen?
Ein Hauch von ihrem warmen Atem nur,
und wie ein frost’ger Wintertraum zerflossen!
O, nicht zum Sklaven bloß macht mich die Liebe,
der Pflicht und Ehre zu vergessen,
zwingt mich ihre rächende Gewalt!
Ich liebte nie, – das lernte Mariana,
die ich einst treulos, kalt verließ!
Doch als mir Isabella die Erdenliebe erschloß,
da schmolz das Eis in tausend Liebestränen!
Ja, glühend, wie des Südens Hauch
brennt mir die Flamme in der Brust;
verzehrt mich auch die wilde Glut,
genieß’ ich doch die heiße Lust!
Brighella kommt und führt Dorella herein, welche Friedrich ein Billett überreicht. Beide bleiben an der Türe stehen.
Von Isabella, diese Nacht, –
am Ausgang des Korso; –
wie? Verlarvt?
Sie sagt mir’s zu!

Den folgenden Ausschnitt kann man sich in
verschiedenen Interpretationen anhören!
O Wonne, himmlisches Entzücken,
noch heute wird die Schönste mein!
Sie will den Glühendsten beglücken,
mir Sel’gem ihre Liebe weihn!
Mich zu verlarven? Darf ich’s wagen,
verbot ich nicht das Maskenfest?
Sollt’ ich zum zweiten Male fehlen?
Und doch, ist’s nicht das Sicherste?
Erwartet mich nicht das Entzücken,
wird nicht die Schönste heute mein?
Darf ich noch eine Sünde scheu’n!
Doch laß ich wirklich Claudio frei?
Darf das Gesetz wohl unterliegen
der Leidenschaft, die mich durchtobt?
Eh’r bring’ ich selbst mich dem Gesetz
als Opfer dar, eh’r sterb’ ich selbst!
Er unterzeichnet ein Urteil und überreicht dies Brighella.
Claudio, du stirbst, – ich folg’ dir nach!
O, wie verschling’ ich die Gedanken,
die wie Dämonen mich durchzucken.
Im Fieber wallet mir das Blut,
ich bin mir meiner nicht bewußt! –
Wie trag’ ich Qualen und Entzücken,
es harret Tod und Wollust mein;
ich will sie an den Busen drücken,
ich will ihr Gott und Hölle weihn!
Ab.
Brighella und Dorella sind geblieben.

DorellaLebt wohl, Signor Brighella, –
die Heiligen mögen euch beschützen!

Brighella hält sie
Bleib nur noch einen Augenblick!

DorellaLaßt mich!

BrighellaNein, länger halt ich mich nicht.
Mag mich der Statthalter morgen hängen lassen, –
der Teufel hole seine Liebesverbote! –
Ich bin in dich verliebt wie rasend und habe schon
meinen ganzen Verstand darüber verloren!

DorellaAch, das wäre schade! – Du liebst mich?

BrighellaBis zum Wahnsinn! – Kann ich dich nirgends treffen?

DorellaSo? Gleich ein Rendezvous? –
Nun gut – so komm heute abend auf den Ausgang des Korso! –

BrighellaVerdammt! Dort ist’s gewöhnlich sehr belebt!

DorellaHilft nichts! Du mußt dich maskieren; auch ich erschein’ maskiert.

BrighellaAch, das bricht mir ja den Hals! Der Karneval ist streng verboten, –
das darf ich nicht wagen!

DorellaSo sei kein Narr, – wir werden nicht die einzigen sein;
noch ganz andere Leute, als wir zwei, werden sich verlarven.

BrighellaIch tu es nicht!

DorellaSo geh, wohin du willst! – Addio! –

BrighellaJa, ja, ich will mich verlarven, maskieren von oben bis unten! –
Ihr Heiligen, was macht so ein Schelm nicht alles aus mir!

DorellaIch komme als Colombine, –
und daß ich dich erkenne, kommst du als Pierrot!

BrighellaWeh mir, als Pierrot!

DorellaNun genug, – leb wohl! Heut nacht – leb wohl, mein süßer Pierrot!
Sie gibt ihm einen flüchtigen Kuß und eilt davon.

Brighella sieht ihr erstaunt nach
Und das war nur ein Kuß!
Ein Kuß! Und den will mir der Statthalter verbieten?
Den Teufel in sein Liebesverbot!
Kann er’s aushalten, so ist er Deutscher!
Ich bin Sizilianer, und zwar von erstaunlich guter Geburt! –
Aber warum ich mich nur maskieren soll? –
Ob dies meinen Reiz erhöhen soll? –
Ihr Heiligen, wenn man mich erwischt,
wie würde mir die Liebe bekommen!
Geht ab.