Isabella | Verweile hier, hier muß er kommen!
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Mariana | Wie glüht die Wange mir vor Scham!
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Isabella | Doch Keckheit wird allein uns frommen.
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Mariana | Ich weiß nicht, wie ich dazu komm’!
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Isabella | Wohlan! Ich grüße dich als Braut, |
| denn Flitterwochen bist du nah.
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Mariana | Wie mir vor solcher Ehe graut! |
| O, wär’ doch schon das Ende da!
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Isabella | O nur Geduld, so hitzig nicht! |
| Für dich leist’ ich darauf Verzicht! |
| Mein süßes Bräutchen, lebe wohl!
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Mariana | Novizenschwester, lebe wohl! |
| Isabella entfernt sich. |
| Welch wunderbar’ Erwarten, |
| Gefühl voll Lust und Schmerz, |
| ich zieh’ für eine andre |
| den Gatten an mein Herz. |
| Und doch winkt mir von ferne |
| nach langem Gram ein Glück; – |
| o bringt ihn, güt’ge Sterne, |
| voll Reue mir zurück! |
| Sie verliert sich in einem der Laubgänge. Friedrich kommt maskiert. Luzio schleicht ihm nach.
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Friedrich | Hier soll sie sein; – wo mag sie weilen?
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Luzio | Er ist’s, ich habe ihn erkannt!
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Friedrich | Wer ist der Mensch, der mich verfolgt? |
| Luzio tritt unbefangen auf ihn zu.
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Luzio | Ganz recht! Dort ist noch eine Maske! |
| He, Freund, kommt mit zur Prozession!
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Friedrich | Zu einer Narrenprozession?
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Luzio | Wieso? Ich denk’ ihr seid ein Kluger, |
| und feiert unsern Karneval.
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Friedrich | Ich euren Karneval!
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Luzio | Was soll ich denken! Ihr seid doch verlarvt?
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Friedrich | Verdammt! – Nun ja, – ich komme dann!
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Luzio | So recht, lacht jenen Toren aus, |
| tralalalalala!
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Friedrich | Ich lach’ ihn aus!
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Luzio | der diese Lustbarkeit verbot, |
| tralalalalala!
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Friedrich | Ha ha ha ha!
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Luzio | Ihr seid gescheit, |
| und macht die bunten Scherze mit.
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Friedrich | Das tu’ ich!
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Luzio | Friedrich ist ein Narr! |
| Glaubt nur, er denkt nicht, wie er handelt.
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Friedrich | Kann sein!
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Luzio | Nein, nein! Nicht doch! Er handelt |
| nicht, wie er denkt!
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Friedrich | Auch dies! Zum Teufel!
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Luzio | Er ist ein Heuchler und ein Schuft! |
| Nicht wahr?
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Friedrich | Jawohl! Doch bitt’ ich euch: |
| laßt mich, ich bin nicht aufgelegt, |
| ich komme später auf dem Korso.
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Luzio | Nun gut. Ich nehme euch beim Wort. |
| Ihr führt den Maskenzug mit an! |
| Luzio stellt sich, als ob er sich entferne.
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Friedrich | Schon gut, bis dahin laßt mich gehn! – |
| Ich bin den läst’gen Schwätzer los! |
| Wo bleibst du, Isabella? |
| Mariana zeigt sich in der Ferne. |
| Ha, wer kommt dort? ’s ist ein Weib! Ist sie’s? |
| Mariana gibt ihm in den Zeichen. |
| Das ist das Zeichen! Welche Wonne! |
| Du bist es, himmlisches Geschöpf! |
| Er eilt mit Mariana ab.
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Luzio | hervorbrechend |
| Zum Teufel, ja, sie war’s! Frisch nach! |
| Ich will die Freude euch gesegnen! |
| Er eilt Friedrich nach. |
| Dorella als Colombine tritt Luzio in den Weg, hängt sich an seinen Hals und sucht fortwährend durch Liebkosungen aller Art den Widerstrebenden zurückzuhalten.
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Dorella | Wohin so eilig?
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Luzio | Aus dem Weg!
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Dorella | Jetzt kommst du mir nicht mehr hinweg; |
| erst mußt du büßen für die Schuld, |
| daß du verachtet meine Huld. |
| Isabella kommt von der anderen Seite und beobachtet in einem Versteck Luzio und Dorella.
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Luzio | Sie ist verrückt, was fang ich an, |
| Wer hat’s dir, Närrin, angetan?
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Isabella | So recht, sie muß zurück ihn halten! |
| Sonst ging’ es an ein Schädelspalten! |
| Brighella erblickt, auf der anderen Seite im Gebüsch verborgen, Luzio und Dorella.
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Brighella | Zum Teufel, so erwisch ich sie! |
| Wie schlottern mir vor Wut die Knie!
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Dorella | Ist das der Lohn, ist das die Treue?
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Luzio | Jetzt laß mich los, sonst steht es schlimm!
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Dorella | Fühlst du noch immer keine Reue?
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Brighella | Ich schäume bald vor Wut und Grimm!
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Isabella | Mich dünkt, ihm ist nicht wohl dabei!
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Dorella | Ist das der Lohn, ist das die Reue?
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Brighella | Mein Haar sträubt sich vor Schreck und Graus.
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Isabella | Dorella ist auch gar zu frei!
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Brighella | Ach, das hält nur der Teufel aus!
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Isabella | Die Schelmin läßt ihn nicht mehr los! |
| Sie treibt ihn bis zur Raserei! |
| Sein Ärger ist jetzt wahrlich groß! |
| Und dieser ist nicht Heuchelei!
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Dorella | Ich lass’ dich Schelmen nicht mehr los! |
| Sobald kommst du nicht wieder frei! |
| Du stehst jetzt meiner Rache bloß, |
| nichts hilft dir deine Raserei!
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Luzio | Wie komm’ ich von der Närrin los, |
| sie bringt mich bis zur Raserei! |
| Von diesem lästigen Gekos’, |
| wer macht mich armen Sünder frei?
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Brighella | Die Schändliche läßt gar nicht los, |
| sie bringt mich bis zur Raserei! |
| Die Wut in mir ist wahrlich groß, |
| O, der verruchten Heuchelei!
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Luzio | Dorella, Einz’ge, höre mich: |
| Untreu war ich zum Scheine bloß, |
| ich blieb dir treu, ich liebe dich, |
| ich küsse dich! |
| er küßt sie. |
| Jetzt laß mich los! |
| Er macht sich schnell los, läuft aber in der Verwirrung nach der Seite, ab, die der entgegengestzt ist, auf welcher Friedrich und Mariana verschwanden.
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Isabella | tritt heftig hervor |
| Ha, was war das, was mußt’ ich hören!
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Brighella | springt wie ein Wahnsinniger auf Dorella los |
| Das ist zuviel! Du Ungeheuer! |
| Verworfnes, böses Katzenherz!
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Dorella | Hilf Gott! Ein Scheusal! Ein Gespenst! |
| Sie läuft entsetzt davon.
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Pontio | tritt auf |
| Signora Isabella, he! |
| Hier, das Patent! ’s ist unterschlagen, |
| ich hab’s für euch gestohlen!
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Isabella | Hab Dank! Es ist noch nicht erbrochen? |
| Bald, Claudio, end’ ich deine Zweifel!
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Brighella | Wie komm’ ich fort! Ich muß ihr nach, |
| und Friedrich soll ich hier bewachen! |
| He, Pontio!
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Pontio | entsetzt über Brighellas Anblick |
| Herr! – Wie siehst du aus!
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Brighella | Ich bitte dich um alle Welt, |
| ich muß davon, bleib hier für mich! |
| Steh Wache hier am Pavillon, |
| in zunehmender Verwirrung |
| laß niemand zu, laß niemand aus! |
| Nicht doch! Ja, ja! Nein, nein! Zum Teufel! |
| Fang ihn gleich auf, den Lumpenkerl! |
| Bewach ihn! ’ne Maske!
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Pontio | Das verstehe, wer da will!
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Brighella | So bleib! Ich geb’ dir meine halbe Löhnung! |
| Dorthin! In Teufels Namen! Ach! – |
| läuft wie besessen davon
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Pontio | Ist der verrückt? Die halbe Löhnung! |
| Ich weiß zwar nicht recht, was ich soll, |
| die Löhnung aber tut mir gut! |
| «Die Wache hier am Pavillon! |
| Laß niemand zu, laß niemand aus! |
| Nicht doch! Ja, ja! Nein, nein! Zum Teufel! |
| Fang ihn gleich auf, den Lumpenkerl! |
| Bewache ihn! ’ne Maske!» Gut! |
| Die Sache ist mir klar, – |
| ich weiß, woran ich bin!
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Isabella | das Schreiben erbrechend |
| Laßt sehn, –
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Pontio | «Ein Lump!»
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Isabella | Wie schreibt der gnäd’ge Herr?
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Pontio | «’ne Maske!» «Ein Lump!» «’ne Maske!» |
| Pontio stellt sich im Hintergrund an einem Pavillon als Wache auf.
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Isabella | ist an eine Fackel getreten und liest das Schreiben |
| Ihr Heil’gen, welche Schändlichkeit! |
| Nicht die Begnadigung, |
| geschärft zum augenblicklichen Volzug ist der Befehl! |
| Durch welchen Zufall hab’ ich, mein Claudio, dich gerettet! |
| Ha, Rache, Rache dem Verruchten! |
| Herbei! Herbei! Ihr Leute! |
| Volk Palermos, tiefgekränktes Volk! |
| Eilt her! Zur Rache! Zur Empörung! |
| Hört meinen Schrei! Herbei! Herbei! |
| Alles stürzt in verwirrung auf die Szene. |
| Wer schreit! Was ist geschehn? |
| Was ist dir widerfahren, sprich! |
| Greift zu den Waffen! Auf, zur Rache! |
| Stürzt ihn, den schändlichen Tyrannen! |
| Luzio kommt. |
| Auf, Luzio! Komm und räche mich!
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Alle | Was ist ihr?
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Luzio | sie von sich stoßend |
| Laßt die Heuchlerin! Laßt sie nur rasen!
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Alle | Was sagst du?
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Luzio | Es ist Lüge!
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Isabella | Luzio, höret mich, |
| wie jämmerlich sind wir betrogen!
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Luzio | Entehrtes Weib, was soll dein Schrei’n?
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Alle | Was soll man denken, sprecht heraus!
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Isabella | Hört nicht auf ihn, hört mich allein! |
| Hört ihr umsonst der Rache Schrei’n?
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Luzio | Hört nicht auf sie, hört mich allein! |
| Sie kennt ja nur Betrügerei’n!
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Alle | Wem soll man trau’n von diesen zwei’n? |
| Warum mag sie um Rache schrei’n? |
| Pontio hat im Hintergrunde den verlarvten Friedrich und Mariana ergriffen; der Chor teilt sich in der Mitte, man sieht Pontio sich mit Friedrich nach dem Vordergrunde zu ringen. |