| Dritte Szene |
| 2.Bild – Die Aue am Ufer der Schelde, wie im 1. Akt. Glühende Morgenröte, allmählicher Anbruch des vollen Tages. – Ein Graf mit seinem Heergefolge zieht im Vordergrunde rechts auf, steigt vom Pferde und übergibt dies einem Knechte. Zwei Edelknaben tragen ihm Schild und Speer. Er pflanzt sein Banner auf, sein Heergefolge sammelt sich um dasselbe. – Während ein zweiter Graf auf die Weise wie der erste einzieht, hört man bereits die Trompeten eines dritten sich nähern. – Ein dritter Graf zieht mit seinem Heergefolge ebenso ein. Die neuen Scharen sammeln sich um ihre Banner; die Grafen und Edlen begrüßen sich, prüfen und loben ihre Waffen usw. – Ein vierter Graf zieht mit seinem Gefolge von rechts her ein und stellt sich bis in die Mitte des Hintergrundes auf. – Als von links die Trompeten des Königs vernommen werden, eilt alles, um sich um die Banner zu ordnen. Der König mit seinem sächsischen Heerbann zieht von links ein. |
Alle Männer | als der König unter der Eiche angelangt ist |
| Heil König Heinrich! |
| König Heinrich Heil!
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König Heinrich | Habt Dank, ihr Lieben von Brabant! |
| Wie fühl’ ich stolz mein Herz entbrannt, |
| find’ ich in jedem deutschen Land |
| so kräftig reichen Heerverband! |
| Nun soll des Reiches Feind sich nahn, |
| wir wollen tapfer ihn empfahn: |
| Aus seinem öden Ost daher |
| soll er sich nimmer wagen mehr! |
| Für deutsches Land das deutsche Schwert! |
| So sei des Reiches Kraft bewährt!
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Alle Männer | Für deutsches Land das deutsche Schwert! |
| So sei des Reiches Kraft bewährt!
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König Heinrich | Wo weilt nun der, den Gott gesandt |
| zum Ruhm, zur Größe von Brabant? |
| Ein scheues Gedränge ist entstanden; die vier brabantischen Edlen bringen auf einer Bahre Friedrichs verhüllte Leiche getragen und setzen sie in der Mitte der Bühne nieder. Alles blickt sich unheimlich fragend an.
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Die Männer | Was bringen die? Was tun sie kund? |
| Die Mannen sind’s des Telramund!
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König Heinrich | Wen führt ihr her? Was soll ich schaun? |
| Mich faßt bei eurem Anblick Graun!
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Die vier Edlen | So will’s der Schützer von Brabant; |
| wer dieser ist, macht er bekannt! |
| Elsa, mit großem Gefolge von Frauen, tritt auf und schreitet langsam, wankenden Schrittes in den Vordergrund.
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Die Männer | Seht, Elsa naht, die Tugendreiche! |
| Wie ist ihr Antlitz trüb und bleiche!
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König Heinrich | der Elsa entgegengegangen ist und sie nach einem hohen Sitze, ihm gegenüber, geleitet |
| Wie muß ich dich so traurig sehn! |
| Will dir so nah die Trennung gehn? |
| Elsa versucht vor ihm aufzublicken, vermag es aber nicht. Großes Gedränge entsteht im Hintergrunde.
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Einige Männer | Macht Platz dem Helden von Brabant! |
| Lohengrin, ganz so gewaffnet wie im ersten Akt, tritt ohne Gefolge auf und schreitet feierlich und ernst in den Vordergrund.
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Alle Männer | Heil dem Helden von Brabant! |
| Heil! Heil!
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König Heinrich | hat seinen Platz unter der Eiche wieder eingenommen |
| Heil deinem Kommen, teurer Held! |
| Die du so treulich riefst ins Feld, |
| die harren dein in Streites Lust, |
| von dir geführt, des Siegs bewußt.
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Die Männer | Wir harren dein in Streites Lust, |
| von dir geführt, des Siegs bewußt.
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Lohengrin | Mein Herr und König, laß dir melden: |
| Die ich berief, die kühnen Helden, |
| zum Streit sie führen darf ich nicht! |
| Alle drücken höchste Betroffenheit aus.
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König Heinrich | Hilf Gott! |
| Welch hartes Wort er spricht!
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Die Frauen | Hilf Gott!
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Lohengrin | Als Streitgenoß bin ich nicht hergekommen; |
| als Kläger sei ich jetzt von euch vernommen! |
| Er enthüllt Friedrichs Leiche, von deren Anblick sich alle mit Abscheu abwenden. |
| Zum ersten klage laut ich vor euch allen |
| und frag’ um Spruch nach Recht und Fug: |
| Da dieser Mann zur Nacht mich überfallen, |
| sagt, ob ich ihn mit Recht erschlug?
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König Heinrich | die Hand feierlich nach der Leiche ausstreckend |
| Wie deine Hand ihn schlug auf Erden, |
| soll dort ihm Gottes Strafe werden!
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Lohengrin | Zum andern aber sollt ihr Klage hören, |
| denn aller Welt nun klag’ ich laut, |
| daß zum Verrat an mir sich ließ betören |
| das Weib, das Gott mir angetraut!
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Die Männer | Elsa! Wie mochte das geschehn? |
| Wie konntest du dich so vergehn?
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König Heinrich | Elsa! Wie konntest du dich so vergehn?
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Die Frauen | mit klagenden Gebärden auf Elsa blickend |
| Wehe dir, Elsa!
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Lohengrin | Ihr hörtet alle, wie sie mir versprochen, |
| daß nie sie wollt’ erfragen, wer ich bin? |
| Nun hat sie ihren teuren Schwur gebrochen, |
| treulosem Rat gab sie ihr Herz dahin! |
| Alle drücken die heftigste Erschütterung aus. |
| Zu lohnen ihres Zweifels wildem Fragen, |
| sei nun die Antwort länger nicht gespart: |
| Des Feindes Drängen durft’ ich sie versagen, |
| nun muß ich künden, wie mein Nam’ und Art. |
| Mit immer steigender Verklärung seiner Mienen. |
| Jetzt merket wohl, ob ich den Tag muß scheuen: |
| Vor aller Welt, vor König und vor Reich |
| enthülle mein Geheimnis ich in Treuen. |
| Sich hoch aufrichtend. |
| So hört, ob ich an Adel euch nicht gleich!
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Die Männer | Welch Unerhörtes muß ich nun erfahren? |
| O könnt’ er die erzwungne Kunde sich ersparen!
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König Heinrich | Was muß ich nun erfahren? |
| O könnt’ er die Kunde sich ersparen! |