| Zweiter Aufzug |
| Erste Szene |
| Die Bühne stellt im Vordergrund eine Straße im Längendurchschnitt dar, welche in der Mitte von einer schmalen Gasse, nach dem Hintergrunde zu krumm abbiegend, durchschnitten wird, so daß sich in Front zwei Eckhäuser darbieten, von denen das eine reichere – rechts – das Haus Pogners, das andere einfachere – links – das des Hans Sachs ist. – Vor Pogners Haus eine Linde; vor dem Sachsens ein Fliederbaum. – Heiterer Sommerabend, im Verlaufe der ersten Auftritte allmählich einbrechende Nacht. – David ist darüber her, die Fensterläden nach der Gasse zu von außen zu schließen. Andere Lehrbuben tun das gleiche bei anderen Häusern. |
Lehrbuben | während der Arbeit: |
| Johannistag! Johannistag! |
| Blumen und Bänder, so viel man mag!
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David | leise für sich: |
| Das Blumenkränzlein von Seiden fein |
| möcht’ es mir balde beschieden sein!
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Magdalene | ist mit einem Korbe am Arm aus Pogners Haus gekommen und sucht David unbemerkt sich zu nähern: |
| Pst, David!
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David | nach der Gasse zu sich umwendend, heftig: |
| Ruft ihr schon wieder? |
| Singt allein eure dummen Lieder! |
| Er wendet sich unwillig zur Seite.
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Lehrbuben | zuerst Magdalenes Stimme nachahmend: |
| David, was soll’s? Wärst nicht so stolz, |
| schaut’st besser um, wärst nicht so dumm! |
| Johannistag! Johannistag! |
| Wie der nur die Jungfer Lene nicht kennen mag!
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Magdalene | David, hör’ doch! Kehr’ dich zu mir!
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David | Ach, Jungfer Lene! Ihr seid hier?
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Magdalene | auf ihren Korb deutend: |
| Bring’ dir was Gut’s; schau nur hinein! |
| Das soll für mein lieb’ Schätzel sein. |
| Erst aber schnell, wie ging’s mit dem Ritter? |
| Du rietest ihm gut? Er gewann den Kranz?
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David | Ach, Jungfer Lene! Da steht’s bitter; der hat versungen und ganz vertan!
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Magdalene | erschrocken: |
| Versungen? Vertan?
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David | Was geht’s Euch nur an?
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Magdalene | den Korb, nach welchem David die Hand ausstreckt, heftig zurückziehend: |
| Hand von der Taschen! Nichts zu naschen! |
| Hilf Gott! Unser Junker vertan! |
| Sie geht mit Gebärden der Trostlosigkeit ins Haus zurück. David sieht verblüfft nach.
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Lehrbuben | welche unbemerkt nähergeschlichen waren und gelauscht hatten, präsentieren sich jetzt, wie glückwünschend, David: |
| Heil, Heil zur Eh’ dem jungen Mann! |
| Wie glücklich hat er gefreit! |
| Wir hörten’s all’ und sahen’s an: |
| der er sein Herz geweiht, |
| für die er läßt sein Leben, |
| die hat ihm den Korb nicht gegeben.
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David | auffahrend: |
| Was steht ihr hier faul? |
| Gleich haltet das Maul!
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Lehrbuben | schließen einen Ring um David und tanzen um ihn: |
| Johannistag! Johannistag! |
| Da freit ein jeder, wie er mag. |
| Der Meister freit, der Bursche freit! |
| Da gibt’s Geschlamb und Geschlumbfer. |
| Der Alte freit die junge Maid, |
| der Bursche die alte Jumbfer! |
| Juchhei! Juchhei! Johannistag! |
| David ist im Begriff wütend dreinzuschlagen, als Sachs, der aus der Gasse hervorgekommen, dazwischentritt. Die Lehrbuben fahren auseinander.
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Sachs | zu David: |
| Was gibt’s? Treff’ ich dich wieder am Schlag?
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David | Nicht ich! Schandlieder singen die.
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Sachs | Hör’ nicht drauf! Lern’s besser wie sie! |
| Zur Ruh’! Ins Haus! Schließ und mach Licht! |
| Die Lehrbuben zerstreuen sich.
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David | Hab ich heut Singstund’?
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Sachs | Nein, singst nicht |
| zur Straf’ für dein heutig frech’ Erdreisten. |
| Die neuen Schuh’ steck mir auf den Leisten! |
| David und Sachs sind in die Werkstatt eingetreten und gehen durch eine innere Tür ab. |