Meistersinger 2. Aufzug 2. Szene

Zweite Szene
Pogner und Eva, vom Spaziergang heimkehrend, die Tochter leicht am Arme des Vaters eingehängt, sind schweigsam die Gasse heraufgekommen.
Pogner noch auf der Gasse, durch eine Klinze im Fensterladen von Sachs’ Werkstatt spähend:
Laß seh’n, ob Nachbar Sachs zu Haus?
Gern spräch’ ich ihn. Trät’ ich wohl ein?
David kommt mit Licht aus der Kammer, setzt sich damit an den Werktisch am Fenster und macht sich über die Arbeit her.

Eva spähend:
Er scheint daheim:
kommt Licht heraus.

PognerTu ich’s? Zu was doch? – Besser, nein!
Er wendet sich ab.
Will einer Selt’nes wagen,
was ließ’ er sich dann sagen? – –
Er sinnt nach.
War er’s nicht, der meint’, ich ging’ zu weit?
Und blieb ich nicht im Geleise,
war’s nicht auf seine Weise?
Doch war’s vielleicht auch – Eitelkeit?
Er wendet sich zu Eva.
Und du, mein Kind, du sagst mir nichts?

EvaEin folgsam Kind, gefragt nur spricht’s.

PognerWie klug! Wie gut! – Komm, setz’ dich hier
ein Weil’ noch auf die Bank zu mir.
Er setzt sich auf die Steinbank unter der Linde.

EvaWird’s nicht zu kühl?
‘s war heut’ gar schwül.

PognerNicht doch, ‘s ist mild und labend; gar lieblich lind der Abend.
Eva setzt sich zögernd und beklommen Pogner zur Seite.
Das deutet auf den schönsten Tag,
der morgen soll erscheinen.
o Kind, sagt dir kein Herzensschlag,
welch Glück dich morgen treffen mag,
wenn Nüremberg, die ganze Stadt
mit Bürgern und Gemeinen,
mit Zünften, Volk und hohem Rat,
vor dir sich soll vereinen, d
aß du den Preis, das edle Reis,
erteilest als Gemahl
dem Meister deiner Wahl?

EvaLieb’ Vater, muß es ein Meister sein?

PognerHör’ wohl:
ein Meister deiner Wahl.
Magdalene erscheint an der Tür und winkt Eva.

Eva zerstreut:
Ja – meiner Wahl! Doch tritt nur ein –
Laut zu Magdalene gewandt.
Gleich, Lene, gleich! –zum Abendmahl.
Sie steht auf.

Pogner ärgerlich aufstehend:
‘s gibt doch keinen Gast?

Eva wie zuvor:
Wohl den Junker?

Pogner verwirrt:
Wieso?

EvaSahst ihn heut’ nicht?

Pogner halb für sich nachdenklich zerstreut:
Ward sein nicht froh. –
Sich zusammennehmend.
Nicht doch! Was denn?
Sich vor die Stirn klopfend.
Ei, werd ich dumm?

EvaLieb’ Väterchen, komm! Geh’, kleid’ dich um!

Pogner während er ins Haus vorangeht:
Hm! – Was geht mir im Kopf doch ,rum?

Magdalene heimlich zu Eva:
Hast was heraus?

Eva ebenso:
Blieb still und stumm.

MagdaleneSprach David:
meint’, er habe vertan.

Eva erschrocken:
Der Ritter! Hilf Gott, was fing’ ich an?
Ach, Lene, die Angst! Wo was erfahren?

MagdaleneVielleicht vom Sachs?

Eva heiter:
Ach, der hat mich lieb! Gewiß, ich geh’ hin.

MagdaleneLaß drin nichts gewahren!
Der Vater merkt’ es, wenn man jetzt blieb’.
Nach dem Mahl:
dann hab ich dir noch was zu sagen,
im Abgehen auf der Treppe
was jemand geheim mir aufgetragen.

Eva sich umwendend:
Wer denn? Der Junker?

MagdaleneNichts da! Nein, Beckmesser!

EvaDas mag was Rechtes sein!
Sie geht in das Haus, Magdalene folgt ihr.