Siegfried ist mit Tarnhelm und Ring während des letzteren langsam und sinnend aus der Höhle vorgeschritten: er betrachtet gedankenvoll seine Beute und hält, nahe dem Baume, auf der Höhe des Mittelgrundes wieder an | 57 | Rheintöchtersang | |||||||||||||||
Siegfried | Was ihr mir nützt, weiß ich nicht; | 57 | |||||||||||||||
doch nahm ich euch | 54 | 57 | Rheingold | ||||||||||||||
aus des Horts gehäuftem Gold, | 54 | 57 | |||||||||||||||
weil guter Rat mir es riet. | 57 | ||||||||||||||||
So taug’ eure Zier als des Tages Zeuge, | 57 | ||||||||||||||||
es mahne der Tand, | 57 | ||||||||||||||||
daß ich kämpfend Fafner erlegt, | 65 | Schwert | |||||||||||||||
doch das Fürchten noch nicht gelernt! | 89 | Waldweben | |||||||||||||||
Er steckt den Tarnhelm sich in den Gürtel und den Reif an den Finger. Stillschweigen. Wachsendes Waldweben. Siegfried achtet unwillkürlich wieder des Vogels und lauscht ihm mit verhaltenem Atem | 89 | ||||||||||||||||
Der Waldvogel | Hei! Siegfried gehört | 89 | 88 | Waldvogel | |||||||||||||
nun der Helm und der Ring! | 89 | ||||||||||||||||
O, traute er Mime, dem treulosen, nicht! | 89 | ||||||||||||||||
Hörte Siegfried nur scharf | 89 | ||||||||||||||||
auf des Schelmen Heuchlergered’! | 89 | ||||||||||||||||
Wie sein Herz es meint, | 89 | ||||||||||||||||
kann er Mime verstehn: | 89 | ||||||||||||||||
so nützt’ ihm des Blutes Genuß. | 89 | ||||||||||||||||
Siegfrieds Miene und Gebärde drücken aus, daß er den Sinn des Vogelgesanges wohl vernommen. Er sieht Mime sich nähern und bleibt, ohne sich zu rühren, auf sein Schwert gestützt, beobachtend und in sich geschlossen, in seiner Stellung auf der Anhöhe bis zum Schlusse des folgenden Auftrittes | 89 | ||||||||||||||||
Mime | schleicht heran und beobachtet vom Vordergrunde aus Siegfried | 89 | |||||||||||||||
Er sinnt und erwägt der Beute Wert. | 89 | 94 | Wälsungenleid | ||||||||||||||
Weilte wohl hier ein weiser Wand’rer, | 89 | 94 | |||||||||||||||
schweifte umher, beschwatzte das Kind | 89 | ||||||||||||||||
mit list’ger Runen Rat? | 89 | ||||||||||||||||
Zwiefach schlau sei nun der Zwerg; | 89 | ||||||||||||||||
die listigste Schlinge leg’ ich jetzt aus, | 89 | ||||||||||||||||
daß ich mit traulichem Truggerede | 89 | ||||||||||||||||
betöre das trotzige Kind. | 89 | ||||||||||||||||
er tritt näher an Siegfried heran und bewillkommt diesen mit schmeichelnden Gebärden | |||||||||||||||||
Willkommen, Siegfried! | 88 | Waldvogel | |||||||||||||||
Sag’, du Kühner, hast du das Fürchten gelernt? | |||||||||||||||||
Siegfried | Den Lehrer fand ich noch nicht! | ||||||||||||||||
Mime | Doch den Schlangenwurm, | ||||||||||||||||
du hast ihn erschlagen? | 88 | Waldvogel | |||||||||||||||
Das war doch ein schlimmer Gesell? | |||||||||||||||||
Siegfried | So grimm und tückisch er war, | ||||||||||||||||
sein Tod grämt mich doch schier, | |||||||||||||||||
da viel üblere Schächer | |||||||||||||||||
unerschlagen noch leben! | |||||||||||||||||
Der mich ihn morden hieß, | |||||||||||||||||
den hass’ ich mehr als den Wurm! | |||||||||||||||||
Mime | sehr freundlich | ||||||||||||||||
Nur sachte! Nicht lange | |||||||||||||||||
siehst du mich mehr: | |||||||||||||||||
zum ew’gen Schlaf | |||||||||||||||||
schließ’ ich dir die Augen bald! | |||||||||||||||||
Wozu ich dich brauchte, | |||||||||||||||||
zärtlich | |||||||||||||||||
hast du vollbracht; | |||||||||||||||||
jetzt will ich nur noch | |||||||||||||||||
die Beute dir abgewinnen. | |||||||||||||||||
Mich dünkt, das soll mir gelingen; | |||||||||||||||||
zu betören bist du ja leicht! | |||||||||||||||||
Siegfried | So sinnst du auf meinen Schaden? | 88 | 94 | Waldvogel Wälsungenleid | |||||||||||||
Mime | verwundert | ||||||||||||||||
Wie sagt’ ich denn das? – | |||||||||||||||||
Siegfried! Hör doch, mein Söhnchen! | |||||||||||||||||
Dich und deine Art | |||||||||||||||||
haßt’ ich immer von Herzen; | |||||||||||||||||
zärtlich | |||||||||||||||||
aus Liebe erzog ich dich Lästigen nicht: | |||||||||||||||||
dem Horte in Fafners Hut, | |||||||||||||||||
dem Golde galt meine Müh’. | |||||||||||||||||
als verspräche er ihm hübsche Sachen | |||||||||||||||||
Gibst du mir das gutwillig nun nicht, | |||||||||||||||||
als wäre er bereit, sein Leben für ihn zu lassen | |||||||||||||||||
Siegfried, mein Sohn, | |||||||||||||||||
das siehst du wohl selbst, | |||||||||||||||||
mit freundlichem Scherze | |||||||||||||||||
dein Leben mußt du mir lassen! | |||||||||||||||||
Siegfried | Daß du mich hassest, hör’ ich gern: | 88 | Waldvogel | ||||||||||||||
doch auch mein Leben muß ich dir lassen? | |||||||||||||||||
Mime | ärgerlich | ||||||||||||||||
Das sagt’ ich doch nicht? | |||||||||||||||||
Du verstehst mich ja falsch! | |||||||||||||||||
Er sucht sein Fläschchen hervor. Er gibt sich die ersichtlichste Mühe zur Verstellung | |||||||||||||||||
Sieh’, du bist müde von harter Müh’; | 46 | Mimes Erziehungslied | |||||||||||||||
brünstig wohl brennt dir der Leib: | 46 | ||||||||||||||||
dich zu erquicken mit queckem Trank | 46 | ||||||||||||||||
säumt’ ich Sorgender nicht. | 46 | ||||||||||||||||
Als dein Schwert du dir branntest, | 46 | ||||||||||||||||
braut’ ich den Sud; | 46 | ||||||||||||||||
trinkst du nun den, | 46 | ||||||||||||||||
gewinn’ ich dein trautes Schwert, | |||||||||||||||||
und mit ihm Helm und Hort. | |||||||||||||||||
er kichert dazu | |||||||||||||||||
Siegfried | So willst du mein Schwert | 88 | Waldvogel | ||||||||||||||
und was ich erschwungen, | |||||||||||||||||
Ring und Beute, mir rauben? | |||||||||||||||||
Mime | heftig | ||||||||||||||||
Was du doch falsch mich verstehst! | |||||||||||||||||
Stamml’ ich, fasl’ ich wohl gar? | |||||||||||||||||
Die größte Mühe geb’ ich mir doch, | 23 | Grübel | |||||||||||||||
mein heimliches Sinnen heuchelnd zu bergen, | 23 | ||||||||||||||||
und du dummer Bube deutest alles doch falsch! | |||||||||||||||||
Öffne die Ohren, und vernimm genau: | |||||||||||||||||
Höre, was Mime meint! | |||||||||||||||||
wieder sehr freundlich, mit ersichtlicher Mühe | |||||||||||||||||
Hier nimm und trinke die Labung! | |||||||||||||||||
Mein Trank labte dich oft: | |||||||||||||||||
tat’st du wohl unwirsch, stelltest dich arg: | |||||||||||||||||
was ich dir bot, erbost auch, nahmst du’s doch immer. | |||||||||||||||||
Siegfried | ohne eine Miene zu verziehen | ||||||||||||||||
Einen guten Trank hätt’ ich gern: | |||||||||||||||||
wie hast du diesen gebraut? | |||||||||||||||||
Mime | lustig scherzend, als schildere er ihm einen angenehm berauschten Zustand, den ihm der Saft bereiten soll | ||||||||||||||||
Hei! So trink nur, trau’ meiner Kunst! | |||||||||||||||||
In Nacht und Nebel sinken die Sinne dir bald: | |||||||||||||||||
ohne Wach’ und Wissen | |||||||||||||||||
stracks streckst du die Glieder. | |||||||||||||||||
Liegst du nun da, | |||||||||||||||||
leicht könnt’ ich | |||||||||||||||||
die Beute nehmen und bergen: | |||||||||||||||||
doch erwachtest du je, | |||||||||||||||||
nirgends wär’ ich sicher vor dir, | |||||||||||||||||
hätt’ ich selbst auch den Ring. | |||||||||||||||||
Drum mit dem Schwert, | |||||||||||||||||
das so scharf du schufst, | |||||||||||||||||
mit einer Gebärde ausgelassener Lustigkeit | |||||||||||||||||
hau’ ich dem Kind den Kopf erst ab: | |||||||||||||||||
dann hab’ ich mir Ruh’ und auch den Ring! | |||||||||||||||||
Er kichert wieder | |||||||||||||||||
Siegfried | Im Schlafe willst du mich morden? | ||||||||||||||||
Mime | wütend ärgerlich | ||||||||||||||||
Was möcht’ ich? Sagt’ ich denn das? | |||||||||||||||||
Er bemüht sich, den zärtlichsten Ton anzunehmen | |||||||||||||||||
Ich will dem Kind | |||||||||||||||||
mit sorglichster Deutlichkeit | |||||||||||||||||
nur den Kopf abhau’n! | |||||||||||||||||
mit dem Ausdruck herzlicher Besorgtheit für Siegfrieds Gesundheit | |||||||||||||||||
Denn haßte ich dich auch nicht so sehr, | |||||||||||||||||
und hätt’ ich des Schimpfs | |||||||||||||||||
und der schändlichen Mühe | |||||||||||||||||
auch nicht so viel zu rächen: | |||||||||||||||||
sanft | |||||||||||||||||
aus dem Wege dich zu räumen, | |||||||||||||||||
darf ich doch nicht rasten: | |||||||||||||||||
wie käm’ ich sonst anders zur Beute, | |||||||||||||||||
da Alberich auch nach ihr lugt? | |||||||||||||||||
Er gießt den Saft in das Trinkhorn und führt dieses Siegfried mit aufdringlicher Gebärde zu | |||||||||||||||||
Nun, mein Wälsung! Wolfssohn du! | 88 | Waldvogel | |||||||||||||||
Sauf’, und würg’ dich zu Tod: | 50 | Nibelungen | |||||||||||||||
Nie tust du mehr ’nen Schluck! Hihihihi! | |||||||||||||||||
Siegfried holt mit dem Schwert aus. Er führt, wie in einer Anwandlung heftigen Ekels einen jähen Streich nach Mime; dieser stürzt sogleich tot zu Boden. Man hört Alberichs höhnisches Gelächter aus dem Geklüfte | 65 | Schwert | |||||||||||||||
Siegfried | Schmeck’ du mein Schwert, ekliger Schwätzer! | ||||||||||||||||
Er henkt, auf den am Boden Liegenden blickend, ruhig sein Schwert wieder ein | 23 | 50 | Grübel Nibelungen | ||||||||||||||
Neides Zoll zahlt Notung: | |||||||||||||||||
dazu durft’ ich ihn schmieden. | 13 | Fluch | |||||||||||||||
Er rafft Mimes Leichnam auf, trägt ihn auf die Anhöhe vor den Eingang der Höhle und wirft ihn dort hinein | 29 | 50 | Horn Nibelungen | ||||||||||||||
In der Höhle hier lieg’ auf dem Hort! | 29 | 50 | |||||||||||||||
Mit zäher List erzieltest du ihn: | 29 | 50 | 13 | Fluch | |||||||||||||
jetzt magst du des wonnigen walten! | 29 | 50 | 13 | ||||||||||||||
Einen guten Wächter geb’ ich dir auch, | 29 | 50 | 13 | ||||||||||||||
daß er vor Dieben dich deckt. | 29 | 50 | |||||||||||||||
Er wälzt mit großer Anstrengung den Leichnam des Wurmes vor den Eingang der Höhle, so daß er diesen ganz damit verstopft | 11 | Fafner | |||||||||||||||
Da lieg’ auch du, dunkler Wurm! | 106 | Wurm | |||||||||||||||
Den gleißenden Hort hüte zugleich | 59 | Ring | |||||||||||||||
mit dem beuterührigen Feind: | 59 | ||||||||||||||||
so fandet beide ihr nun Ruh’! | 59 | 50 | 11 | Nibelungen Fafner |