Brünnhilde | wendet sanft das Haupt zur Seite und richtet ihren Blick nach dem Tann | 91 | Walküre | ||||||||||||||||
Dort seh’ ich Grane, | 91 | ||||||||||||||||||
mein selig Roß: | 91 | ||||||||||||||||||
wie weidet er munter, | 91 | ||||||||||||||||||
der mit mir schlief! | |||||||||||||||||||
Mit mir hat ihn Siegfried erweckt. | |||||||||||||||||||
Siegfried | in der vorigen Stellung verbleibend | 7 | Entzückung | ||||||||||||||||
Auf wonnigem Munde weidet mein Auge: | 32 | Jubel | |||||||||||||||||
in brünstigem Durst doch brennen die Lippen, | 32 | ||||||||||||||||||
daß der Augen Weide sie labe! | 40 | Liebesverwirrung | |||||||||||||||||
Brünnhilde | deutet ihm mit der Hand nach ihren Waffen, die sie gewahrt | ||||||||||||||||||
Dort seh’ ich den Schild, | |||||||||||||||||||
der Helden schirmte; | |||||||||||||||||||
dort seh’ ich den Helm, | |||||||||||||||||||
der das Haupt mir barg: | |||||||||||||||||||
er schirmt, er birgt mich nicht mehr! | |||||||||||||||||||
Siegfried | Eine selige Maid versehrte mein Herz; | ||||||||||||||||||
Wunden dem Haupte schlug mir ein Weib: | |||||||||||||||||||
ich kam ohne Schild und Helm! | |||||||||||||||||||
Brünnhilde | mit gesteigertem Wehmut | ||||||||||||||||||
Ich sehe der Brünne prangenden Stahl: | |||||||||||||||||||
ein scharfes Schwert schnitt sie entzwei; | |||||||||||||||||||
von dem maidlichen Leibe löst’ es die Wehr: | |||||||||||||||||||
ich bin ohne Schutz und Schirm, | |||||||||||||||||||
ohne Trutz ein trauriges Weib! | |||||||||||||||||||
Siegfried | Durch brennendes Feuer fuhr ich zu dir! | ||||||||||||||||||
Nicht Brünne noch Panzer barg meinen Leib: | |||||||||||||||||||
nun brach die Lohe mir in die Brust. | |||||||||||||||||||
Es braust mein Blut in blühender Brunst; | 40 | Liebesverwirrung | |||||||||||||||||
ein zehrendes Feuer ist mir entzündet: | |||||||||||||||||||
die Glut, die Brünnhilds Felsen umbrann, | |||||||||||||||||||
die brennt mir nun in der Brust! | |||||||||||||||||||
O Weib, jetzt lösche den Brand! | 40 | Liebesverwirrung | |||||||||||||||||
Schweige die schäumende Glut! | |||||||||||||||||||
Er hat sie heftig umfaßt: sie springt auf, wehrt ihm mit der höchsten Kraft der Angst, und entflieht nach der anderen Seite. | |||||||||||||||||||
Brünnhilde | Kein Gott nahte mir je! | ||||||||||||||||||
Der Jungfrau neigten scheu sich die Helden: | |||||||||||||||||||
heilig schied sie aus Walhall! | 90 | Walhall | |||||||||||||||||
Wehe! Wehe! | |||||||||||||||||||
Wehe der Schmach, der schmählichen Not! | |||||||||||||||||||
Verwundet hat mich, der mich erweckt! | |||||||||||||||||||
Er erbrach mir Brünne und Helm: | |||||||||||||||||||
Brünnhilde bin ich nicht mehr! | |||||||||||||||||||
Siegfried | Noch bist du mir die träumende Maid: | ||||||||||||||||||
Brünnhildes Schlaf brach ich noch nicht. | |||||||||||||||||||
Erwache, sei mir ein Weib! | |||||||||||||||||||
Brünnhilde | in Betäubung | ||||||||||||||||||
Mir schwirren die Sinne, | |||||||||||||||||||
mein Wissen schweigt: | |||||||||||||||||||
soll mir die Weisheit schwinden? | |||||||||||||||||||
Siegfried | Sangst du mir nicht, | 68 | Siegfriedliebe | ||||||||||||||||
dein Wissen sei | 68 | ||||||||||||||||||
das Leuchten der Liebe zu mir? | 68 | ||||||||||||||||||
Brünnhilde | vor sich hinstarrend | ||||||||||||||||||
Trauriges Dunkel trübt meinen Blick; | 13 | 86 | Fluch Verzweiflung | ||||||||||||||||
mein Auge dämmert, das Licht verlischt: | 13 | 86 | |||||||||||||||||
Nacht wird’s um mich. | 13 | 86 | |||||||||||||||||
Aus Nebel und Grau’n | 13 | 86 | |||||||||||||||||
windet sich wütend ein Angstgewirr: | 13 | 86 | |||||||||||||||||
Schrecken schreitet und bäumt sich empor! | |||||||||||||||||||
Sie birgt heftig die Augen mit beiden Händen | |||||||||||||||||||
Siegfried | indem er ihr sanft die Hände von den Augen löst | ||||||||||||||||||
Nacht umfängt gebund’ne Augen. | |||||||||||||||||||
Mit den Fesseln schwindet das finstre Grau’n. | |||||||||||||||||||
Tauch’ aus dem Dunkel und sieh: | 68 | Siegfriedliebe | |||||||||||||||||
sonnenhell leuchtet der Tag! | |||||||||||||||||||
Brünnhilde | in höchster Ergriffenheit | ||||||||||||||||||
Sonnenhell leuchtet der Tag meiner Schmach! | |||||||||||||||||||
O Siegfried! Siegfried! | 95 | Wälsungenliebe | |||||||||||||||||
Sieh’ meine Angst! | |||||||||||||||||||
Ihre Miene verrät, daß ihr ein anmutiges Bild vor die Seele tritt, von welchem ab sie den Blick mit Sanftmut wieder auf Siegfried richtet | 55 | Reinheit | |||||||||||||||||
Ewig war ich, ewig bin ich, | 55 | ||||||||||||||||||
ewig in süß sehnender Wonne, | 55 | ||||||||||||||||||
doch ewig zu deinem Heil! | |||||||||||||||||||
O Siegfried! Herrlicher! Hort der Welt! | 37 | Liebesglück | |||||||||||||||||
Leben der Erde! Lachender Held! | 37 | ||||||||||||||||||
Laß, ach laß, lasse von mir! | 37 | ||||||||||||||||||
Nahe mir nicht mit der wütenden Nähe! | 37 | ||||||||||||||||||
Zwinge mich nicht | |||||||||||||||||||
mit dem brechenden Zwang, | |||||||||||||||||||
zertrümmre die Traute dir nicht! | |||||||||||||||||||
Sahst du dein Bild im klaren Bach? | 37 | Liebesglück | |||||||||||||||||
Hat es dich Frohen erfreut? | 37 | ||||||||||||||||||
Rührtest zur Woge das Wasser du auf, | |||||||||||||||||||
zerflösse die klare Fläche des Bachs: | |||||||||||||||||||
dein Bild sähst du nicht mehr, | 40 | Liebesverwirrung | |||||||||||||||||
nur der Welle schwankend Gewog’! | 40 | ||||||||||||||||||
So berühre mich nicht, | 87 | 55 | 37 | Waberlohe Reinheit Liebesglück | |||||||||||||||
trübe mich nicht! | 87 | 55 | 37 | ||||||||||||||||
| |||||||||||||||||||
Ewig licht lachst du selig dann | 87 | 55 | 37 | ||||||||||||||||
aus mir dir entgegen, | 87 | 55 | 37 | ||||||||||||||||
froh und heiter ein Held! | 87 | 55 | 37 | ||||||||||||||||
O Siegfried! Leuchtender Sproß! | 87 | 55 | 37 | ||||||||||||||||
Liebe dich und lasse von mir: | 61 | Schicksal | |||||||||||||||||
vernichte dein Eigen nicht! | 87 | Waberlohe | |||||||||||||||||
Siegfried | Dich lieb’ ich: o liebtest mich du! | ||||||||||||||||||
Nicht hab’ ich mehr mich: | 38 | Liebesgluth | |||||||||||||||||
o, hätte ich dich! | 38 | ||||||||||||||||||
Ein herrlich Gewässer wogt vor mir; | 40 | Liebesverwirrung | |||||||||||||||||
mit allen Sinnen seh’ ich nur sie, | 40 | ||||||||||||||||||
die wonnig wogende Welle. | 40 | ||||||||||||||||||
Brach sie mein Bild, so brenn’ ich nun selbst, | 40 | ||||||||||||||||||
sengende Glut in der Flut zu kühlen; | 40 | ||||||||||||||||||
ich selbst, wie ich bin, | 40 | ||||||||||||||||||
spring’ in den Bach: | 40 | ||||||||||||||||||
o, daß seine Wogen mich selig verschlängen, | 40 | 87 | Waberlohe Siegfriedliebe Entzückung | ||||||||||||||||
mein Sehnen schwänd’ in der Flut! | 68 | ||||||||||||||||||
Erwache, Brünnhilde! | 7 | ||||||||||||||||||
Wache, du Maid! | |||||||||||||||||||
Lache und lebe, süßeste Lust! | 32 | Jubel | |||||||||||||||||
Sei mein! Sei mein! Sei mein! | |||||||||||||||||||
Brünnhilde | sehr innig | ||||||||||||||||||
O Siegfried! Dein war ich von je! | 7 | Entzückung | |||||||||||||||||
Siegfried | feurig | ||||||||||||||||||
Warst du’s von je, so sei es jetzt! | 40 | Liebesverwirrung | |||||||||||||||||
Brünnhilde | Dein werd’ ich ewig sein! | 7 | Entzückung | ||||||||||||||||
Siegfried | Was du sein wirst, sei es mir heut’! | 40 | Liebesverwirrung | ||||||||||||||||
Faßt dich mein Arm, | 32 | Jubel | |||||||||||||||||
umschling’ ich dich fest; | 32 | ||||||||||||||||||
schlägt meine Brust | 32 | ||||||||||||||||||
brünstig die deine; | 32 | ||||||||||||||||||
zünden die Blicke, | 32 | ||||||||||||||||||
zehren die Atem sich; | 7 | Entzückung | |||||||||||||||||
Aug’ in Auge, Mund an Mund: | 7 | ||||||||||||||||||
dann bist du mir, | 68 | Siegfriedliebe | |||||||||||||||||
was bang du mir warst und wirst! | |||||||||||||||||||
Dann brach sich die brennende Sorge, | 32 | Jubel | |||||||||||||||||
ob jetzt Brünnhilde mein? | 32 | ||||||||||||||||||
Er hat sie umfaßt | |||||||||||||||||||
Brünnhilde | Ob jetzt ich dein? | 61 | Schicksal | ||||||||||||||||
Göttliche Ruhe rast mir in Wogen; | 40 | Liebesverwirrung | |||||||||||||||||
keuschestes Licht lodert in Gluten: | 40 | ||||||||||||||||||
himmlisches Wissen stürmt mir dahin, | 40 | ||||||||||||||||||
Jauchzen der Liebe jagt es davon! | 7 | Entzückung | |||||||||||||||||
Ob jetzt ich dein? | 61 | Schicksal | |||||||||||||||||
Siegfried! Siegfried! | |||||||||||||||||||
Siehst du mich nicht? | |||||||||||||||||||
Wie mein Blick dich verzehrt, | 7 | Entzückung | |||||||||||||||||
erblindest du nicht? | 7 | ||||||||||||||||||
Wie mein Arm dich preßt, | 7 | ||||||||||||||||||
entbrennst du mir nicht? | 7 | ||||||||||||||||||
Wie in Strömen mein Blut entgegen dir stürmt, | 40 | Liebesverwirrung | |||||||||||||||||
das wilde Feuer, fühlst du es nicht? | 91 | Walküre | |||||||||||||||||
Fürchtest du, Siegfried, | 91 | ||||||||||||||||||
fürchtest du nicht das wild wütende Weib? | 91 | 67 | Siegfried | ||||||||||||||||
Sie umfaßt ihn heftig | 67 | ||||||||||||||||||
Siegfried | in freudigem Schreck | 67 | |||||||||||||||||
Ha! Wie des Blutes Ströme sich zünden, | 67 | ||||||||||||||||||
wie der Blicke Strahlen sich zehren, | 67 | ||||||||||||||||||
Wie die Arme brünstig sich pressen, – | |||||||||||||||||||
kehrt mir zurück mein kühner Mut, | 67 | Siegfried | |||||||||||||||||
und das Fürchten, ach! | |||||||||||||||||||
Das ich nie gelernt, | |||||||||||||||||||
das Fürchten, das du mich kaum gelehrt: | |||||||||||||||||||
das Fürchten, – mich dünkt – | 88 | Waldvogel | |||||||||||||||||
ich Dummer vergaß es nun ganz! | 88 | ||||||||||||||||||
Er hat bei den letzten Worten Brünnhilde unwillkürlich losgelassen | |||||||||||||||||||
Brünnhilde | im höchsten Liebesjubel wild auflachend | ||||||||||||||||||
O kindischer Held! | 92 | Walkürenruf | |||||||||||||||||
O herrlicher Knabe! | 92 | ||||||||||||||||||
Du hehrster Taten töriger Hort! | 92 | ||||||||||||||||||
Lachend muß ich dich lieben, | 32 | Jubel | |||||||||||||||||
lachend will ich erblinden, | 32 | ||||||||||||||||||
Lachend laß uns verderben – | 32 | ||||||||||||||||||
lachend zugrunde gehn! | 36 | Liebesbund | |||||||||||||||||
Siegfried | Lachend erwachst du Wonnige mir: | 36 | |||||||||||||||||
Brünnhilde lebt, Brünnhilde lacht! | 36 | ||||||||||||||||||
Brünnhilde | Fahr’ hin, Walhalls leuchtende Welt! | 36 | |||||||||||||||||
Zerfall in Staub deine stolze Burg! | 36 | ||||||||||||||||||
Leb’ wohl, prangende Götterpracht! | 36 | 7 | Entzückung | ||||||||||||||||
Siegfried | Heil dem Tage, der uns umleuchtet! | 36 | |||||||||||||||||
Heil der Sonne, die uns bescheint! | 36 | ||||||||||||||||||
Brünnhilde | End’ in Wonne, du ewig Geschlecht! | 36 | 7 | Entzückung | |||||||||||||||
Siegfried | Heil dem Licht, das der Nacht enttaucht! | 36 | |||||||||||||||||
Brünnhilde | Zerreißt, ihr Nornen, das Runenseil! | 36 | 7 | Entzückung | |||||||||||||||
Götterdämm’rung, dunkle herauf! | |||||||||||||||||||
Nacht der Vernichtung, neble herein! | |||||||||||||||||||
Siegfried | Heil der Welt, da Brünnhilde lebt! | ||||||||||||||||||
Sie wacht, sie lebt, | |||||||||||||||||||
sie lacht mir entgegen. | |||||||||||||||||||
Brünnhilde | Mir strahlt zur Stunde Siegfrieds Stern; | 68 | Siegfriedliebe | ||||||||||||||||
Siegfried | Prangend strahlt mir Brünnhildes Stern! | 68 | |||||||||||||||||
Sie ist mir ewig, ist mir immer, | 36 | Liebesbund | |||||||||||||||||
Erb’ und Eigen, ein’ und all’: | 36 | ||||||||||||||||||
Brünnhilde | Er ist mir ewig, ist mir immer, | 36 | 7 | Entzückung | |||||||||||||||
Erb’ und Eigen, ein’ und all’: | 36 | ||||||||||||||||||
Siegfried | leuchtende Liebe, lachender Tod! | 67 | 32 | 68 | Siegfried Jubel Siegfriedliebe | ||||||||||||||
Brünnhilde stürzt sich in Siegfrieds Arme | |||||||||||||||||||
Der Vorhang fällt. | |||||||||||||||||||
Ende Siegfried |