Wotan | Fricka auf sich zuschreiten sehend, für sich | ||||||||||||
Der alte Sturm, die alte Müh’! | 107 | Zorn | |||||||||||
Doch stand muß ich hier halten! | |||||||||||||
Fricka | je näher sie kommt, desto mehr mäßigt sie den Schritt und stellt sich mit Würde vor Wotan hin | ||||||||||||
Wo in den Bergen du dich birgst, | |||||||||||||
der Gattin Blick zu entgehn, | |||||||||||||
einsam hier such’ ich dich auf, | |||||||||||||
daß Hilfe du mir verhießest. | |||||||||||||
Wotan | Was Fricka kümmert, künde sie frei. | ||||||||||||
Fricka | Ich vernahm Hundings Not, | 31 | Hunding | ||||||||||
um Rache rief er mich an: | |||||||||||||
der Ehe Hüterin hörte ihn, | |||||||||||||
verhieß streng zu strafen die Tat | |||||||||||||
des frech frevelnden Paars, | |||||||||||||
das kühn den Gatten gekränkt. | |||||||||||||
Wotan | Was so Schlimmes schuf das Paar, | ||||||||||||
das liebend einte der Lenz? | 35 | Liebe | |||||||||||
Der Minne Zauber entzückte sie: | 35 | ||||||||||||
wer büßt mir der Minne Macht? | |||||||||||||
Fricka | Wie töricht und taub du dich stellst, | ||||||||||||
als wüßtest fürwahr du nicht, | |||||||||||||
daß um der Ehe heiligen Eid, | |||||||||||||
den hart gekränkten, ich klage! | |||||||||||||
Wotan | Unheilig acht’ ich den Eid, | ||||||||||||
der Unliebende eint; | |||||||||||||
und mir wahrlich mute nicht zu, | |||||||||||||
daß mit Zwang ich halte, was dir nicht haftet: | |||||||||||||
denn wo kühn Kräfte sich regen, | |||||||||||||
da rat’ ich offen zum Krieg. | |||||||||||||
Fricka | Achtest du rühmlich der Ehe Bruch, | 107 | Zorn | ||||||||||
so prahle nun weiter und preis’ es heilig, | |||||||||||||
daß Blutschande entblüht | |||||||||||||
dem Bund eines Zwillingspaars! | |||||||||||||
Mir schaudert das Herz, es schwindelt mein Hirn: | |||||||||||||
bräutlich umfing die Schwester der Bruder! | |||||||||||||
Wann ward es erlebt, | |||||||||||||
daß leiblich Geschwister sich liebten? | |||||||||||||
Wotan | Heut’ hast du’s erlebt! | 41 | Lenzlied | ||||||||||
Erfahre so, was von selbst sich fügt, | |||||||||||||
sei zuvor auch noch nie es geschehn. | |||||||||||||
Daß jene sich lieben, leuchtet dir hell; | 35 | Liebe | |||||||||||
drum höre redlichen Rat: | 35 | ||||||||||||
Soll süße Lust deinen Segen dir lohnen, | 35 | ||||||||||||
so segne, lachend der Liebe, | |||||||||||||
Siegmunds und Sieglindes Bund! | |||||||||||||
Fricka | in höchste Entrüstung ausbrechend | ||||||||||||
So ist es denn aus mit den ewigen Göttern, | 107 | Zorn | |||||||||||
seit du die wilden Wälsungen zeugtest? | |||||||||||||
Heraus sagt’ ich’s; – traf ich den Sinn? | |||||||||||||
Nichts gilt dir der Hehren heilige Sippe; | |||||||||||||
hin wirfst du alles, was einst du geachtet; | |||||||||||||
zerreißest die Bande, die selbst du gebunden, | |||||||||||||
lösest lachend des Himmels Haft: – | 65 | Schwert | |||||||||||
daß nach Lust und Laune nur walte | |||||||||||||
dies frevelnde Zwillingspaar, | |||||||||||||
deiner Untreue zuchtlose Frucht! | 107 | Zorn | |||||||||||
O, was klag’ ich um Ehe und Eid, | |||||||||||||
da zuerst du selbst sie versehrt! | |||||||||||||
Die treue Gattin trogest du stets; | |||||||||||||
wo eine Tiefe, wo eine Höhe, | |||||||||||||
dahin lugte lüstern dein Blick, | |||||||||||||
wie des Wechsels Lust du gewännest | |||||||||||||
und höhnend kränktest mein Herz. | |||||||||||||
Trauernden Sinnes mußt’ ich’s ertragen, | |||||||||||||
zogst du zur Schlacht mit den schlimmen Mädchen, | |||||||||||||
die wilder Minne Bund dir gebar: | |||||||||||||
denn dein Weib noch scheutest du so, | |||||||||||||
daß der Walküren Schar | |||||||||||||
und Brünnhilde selbst, deines Wunsches Braut, | |||||||||||||
in Gehorsam der Herrin du gabst. | |||||||||||||
Doch jetzt, da dir neue | |||||||||||||
Namen gefielen, | |||||||||||||
als «Wälse» wölfisch im Walde du schweiftest; | |||||||||||||
jetzt, da zu niedrigster | |||||||||||||
Schmach du dich neigtest, | |||||||||||||
gemeiner Menschen ein Paar zu erzeugen: | |||||||||||||
jetzt dem Wurfe der Wölfin | |||||||||||||
wirfst du zu Füßen dein Weib! | |||||||||||||
So führ’ es denn aus! Fülle das Maß! | 107 | Zorn | |||||||||||
Die Betrogne laß auch zertreten! | 107 | ||||||||||||
Wotan | ruhig | ||||||||||||
Nichts lerntest du, wollt’ ich dich lehren, | |||||||||||||
was nie du erkennen kannst, | |||||||||||||
eh’ nicht ertagte die Tat. | |||||||||||||
Stets Gewohntes nur magst du verstehn: | |||||||||||||
doch was noch nie sich traf, | |||||||||||||
danach trachtet mein Sinn. | |||||||||||||
Eines höre! Not tut ein Held, | 65 | Schwert | |||||||||||
der, ledig göttlichen Schutzes, | |||||||||||||
sich löse vom Göttergesetz. | |||||||||||||
So nur taugt er zu wirken die Tat, | 83 | Vertrag | |||||||||||
die, wie not sie den Göttern, | 59 | Ring | |||||||||||
dem Gott doch zu wirken verwehrt. | 59 | 85 | Vertragstreue | ||||||||||
Fricka | Mit tiefem Sinne willst du mich täuschen: | ||||||||||||
was Hehres sollten Helden je wirken, | |||||||||||||
das ihren Göttern wäre verwehrt, | |||||||||||||
deren Gunst in ihnen nur wirkt? | |||||||||||||
Wotan | lhres eignen Mutes achtest du nicht? | ||||||||||||
Fricka | Wer hauchte Menschen ihn ein? | ||||||||||||
Wer hellte den Blöden den Blick? | |||||||||||||
In deinem Schutz scheinen sie stark, | |||||||||||||
durch deinen Stachel streben sie auf: | |||||||||||||
du reizest sie einzig, | |||||||||||||
die so mir Ew’gen du rühmst, | 107 | Zorn | |||||||||||
Mit neuer List willst du mich belügen, | |||||||||||||
durch neue Ränke | |||||||||||||
mir jetzt entrinnen; | |||||||||||||
doch diesen Wälsung gewinnst du dir nicht: | |||||||||||||
in ihm treff’ ich nur dich, | |||||||||||||
denn durch dich trotzt er allein. | |||||||||||||
Wotan | ergriffen | ||||||||||||
In wildem Leiden erwuchs er sich selbst: | |||||||||||||
mein Schutz schirmte ihn nie. | 83 | Vertrag | |||||||||||
Fricka | So schütz’ auch heut’ ihn nicht! | ||||||||||||
Nimm ihm das Schwert, das du ihm geschenkt! | |||||||||||||
Wotan | Das Schwert? | 65 | Schwert | ||||||||||
Fricka | Ja, das Schwert, | 65 | |||||||||||
das zauberstark zuckende Schwert, | |||||||||||||
das du Gott dem Sohne gabst. | |||||||||||||
Wotan | heftig | ||||||||||||
Siegmund gewann es sich | |||||||||||||
mit unterdrücktem Beben | |||||||||||||
selbst in der Not. | |||||||||||||
Wotan drückt in seiner ganzen Haltung von hier an einen immer wachsenden unheimlichen, tiefen Unmut aus | 79 | Unmuth | |||||||||||
Fricka | eifrig fortfahrend | ||||||||||||
Du schufst ihm die Not, | |||||||||||||
wie das neidliche Schwert. | |||||||||||||
Willst du mich täuschen, | 79 | Unmuth | |||||||||||
die Tag und Nacht auf den Fersen dir folgt? | 79 | ||||||||||||
Für ihn stießest du das Schwert in den Stamm, | 79 | ||||||||||||
du verhießest ihm die hehre Wehr: | 79 | ||||||||||||
willst du es leugnen, | 79 | ||||||||||||
daß nur deine List | 79 | ||||||||||||
ihn lockte, wo er es fänd’? | |||||||||||||
Wotan fährt mit einer grimmigen Gebärde auf immer sicherer, da sie den Eindruck gewahrt, den sie auf Wotan hervorgebracht hat | 107 | 79 | Zorn Unmuth | ||||||||||
Mit Unfreien streitet kein Edler, | |||||||||||||
den Frevler straft nur der Freie. | |||||||||||||
Wider deine Kraft | |||||||||||||
führt’ ich wohl Krieg: | |||||||||||||
doch Siegmund verfiel mir als Knecht! | |||||||||||||
Neue heftige Gebärde Wotans, dann Versinken in das Gefühl seiner Ohnmacht | 107 | Zorn | |||||||||||
Der dir als Herren hörig und eigen, | |||||||||||||
gehorchen soll ihm dein ewig Gemahl? | |||||||||||||
Soll mich in Schmach der Niedrigste schmähen, | |||||||||||||
dem Frechen zum Sporn, | |||||||||||||
dem Freien zum Spott? | |||||||||||||
Das kann mein Gatte nicht wollen, | |||||||||||||
die Göttin entweiht er nicht so! | |||||||||||||
Wotan | finster | 79 | Unmuth | ||||||||||
Was verlangst du? | |||||||||||||
Fricka | Laß von dem Wälsung! | ||||||||||||
Wotan | mit gedämpfter Stimme | 79 | Unmuth | ||||||||||
Er geh’ seines Wegs. | |||||||||||||
Fricka | Doch du schütze ihn nicht, | ||||||||||||
wenn zur Schlacht ihn der Rächer ruft! | |||||||||||||
Wotan | Ich schütze ihn nicht. | 79 | Unmuth | ||||||||||
Fricka | Sieh mir ins Auge, sinne nicht Trug: | ||||||||||||
die Walküre wend’ auch von ihm! | |||||||||||||
Wotan | Die Walküre walte frei. | 79 | Unmuth | ||||||||||
Fricka | Nicht doch; deinen Willen vollbringt sie allein: | ||||||||||||
verbiete ihr Siegmunds Sieg! | |||||||||||||
Wotan | in heftigen inneren Kampf ausbrechend | 79 | Unmuth | ||||||||||
Ich kann ihn nicht fällen: er fand mein Schwert! | 79 | 65 | Schwert | ||||||||||
Fricka | Entzieh’ dem den Zauber, zerknick’ es dem Knecht! | ||||||||||||
Schutzlos schau’ ihn der Feind! | |||||||||||||
Brünnhilde | noch unsichtbar von der Höhe her | 91 | 92 | Walküre | |||||||||
Heiaha! Heiaha! Hojotoho! | 91 | 92 | Walkürenruf | ||||||||||
Fricka | Dort kommt deine kühne Maid; | 91 | 92 | ||||||||||
jauchzend jagt sie daher. | 91 | 92 | |||||||||||
Brünnhilde | wie oben | 91 | 92 | ||||||||||
Heiaha! Heiaha! Heiohotojo! Hotojoha! | 91 | 92 | |||||||||||
Wotan | dumpf für sich | 91 | 92 | ||||||||||
Ich rief sie für Siegmund zu Roß! | 91 | 92 | |||||||||||
Brünnhilde erscheint mit ihrem Roß auf dem Felsenpfade rechts. Als sie Fricka gewahrt, bricht sie schnell ab und geleitet ihr Roß still und langsam während des Folgenden den Felsweg herab: dort birgt sie es dann in einer Höhle | |||||||||||||
Fricka | Deiner ew’gen Gattin heilige Ehre | ||||||||||||
beschirme heut’ ihr Schild! | |||||||||||||
Von Menschen verlacht, verlustig der Macht, | |||||||||||||
gingen wir Götter zugrund: | |||||||||||||
würde heut’ nicht hehr und herrlich mein Recht | |||||||||||||
gerächt von der mutigen Maid. | |||||||||||||
Der Wälsung fällt meiner Ehre: | |||||||||||||
Empfah’ ich von Wotan den Eid? | 83 | Vertrag | |||||||||||
Wotan | in furchtbarem Unmut und innerem Grimm auf einen Felsensitz sich werfend | 79 | Unmuth | ||||||||||
Nimm den Eid! | |||||||||||||
Fricka schreitet dem Hintergrunde zu: dort begegnet sie Brünnhilde und hält einen Augenblick vor ihr an | |||||||||||||
Fricka | zu Brünnhilde | ||||||||||||
Heervater harret dein: | |||||||||||||
lass’ ihn dir künden, wie das Los er gekiest! | |||||||||||||
Sie besteigt den Wagen und fährt schnell davon. | 13 | Fluch | |||||||||||
Brünnhilde tritt mit besorgter Miene verwundert vor Wotan, der, auf dem Felssitz zurückgelehnt, das Haupt auf die Hand gestützt, in finstres Brüten versunken ist | 79 | Unmuth |